Gedenkspaziergang für Rafael Blumenstock – 35 Jahre danach

Am 4. November 2025 jährte sich die Ermordung von Rafael Blumenstock in Ulm zum 35. Mal. Gemeinsam liefen rund 50 Menschen vom Café Omar über die Kohlgasse bis zum Ort, an dem früher das legendäre Aquarium stand – jener Nachtclub, der in den 90er Jahren ein Zufluchtsort für queere Menschen war. Hier soll Rafael an seinem letzten Abend noch ein Konzert von Percy Sledge besucht haben, bevor er in der Nacht zwischen Blumenbeeten auf dem Münsterplatz gefunden wurde – mit 19 Messerstichen, getötet, weil anders.

Heute erinnert dort eine Gedenkstele an Rafael. Sie trägt kein großes Denkmal, aber sie trägt Gewicht. Denn sie hält eine Geschichte fest, die viel zu lange im Schatten lag – eine Geschichte von Mut, Ausdruck und Freiheit in einer Zeit, in der queeres Leben kaum verstanden oder akzeptiert wurde.

Wenn wir heute an Rafael Blumenstock erinnern, dann erinnern wir an einen Menschen, dem das Recht genommen wurde, er selbst zu sein. Sein Leben steht stellvertretend für all jene, die sich damals wie heute gegen starre Geschlechterbilder und gesellschaftliche Engstirnigkeit behaupten mussten. Das Gedenken ist ein Akt des Widerstands gegen das Vergessen – und gegen die Gewalt, die queere Menschen bis heute trifft.

Alpay Artun, Vorstandsmitglied

Der Spaziergang wurde organisiert vom Antifaschistischen KoordinationsKollektiv Ulm (AKKU). Er war still – getragen von Kerzenlicht, Musik und Momenten des Innehaltens. Menschen, die Rafael noch persönlich kannten, erzählten von seinen Konzerten, seiner Leidenschaft für das Klavier, seiner sensiblen Art. Andere kamen, um einfach präsent zu sein, um ein Zeichen zu setzen: dafür, dass Rafaels Geschichte nicht vergessen wird.

Rafael wollte einfach leben, lieben und künstlerisch wirken – und wurde dafür getötet. 35 Jahre später haben wir die Verantwortung, aus dieser Geschichte eine klare Haltung zu ziehen: Hass entsteht da, wo Menschen nicht akzeptiert werden, wie sie sind. Dagegen hilft nur Sichtbarkeit, Solidarität und Mut zur Vielfalt.

Clemens Kamm, Ausschussmitglied

Rafaels Mutter sagte einmal: „Rafael war ein wunderbarer Mensch, der sich in seinem Körper nicht wohl gefühlt hat. Über die Musik hat er sich ausgedrückt.“
Und sein Bruder erinnerte sich: „Ein herzensguter Mensch – im falschen Körper.“
Diese Worte bleiben. Sie verleihen dem Gedenken eine Stimme, die weit über diesen Abend hinaus klingt.

Erinnern war schon immer Teil queerer Politik – weil unsere Geschichte sonst verloren gehen würde. Solange wir gedenken, lebt Rafael in unserem Mut weiter, offen zu leben und füreinander einzustehen.

Robin Schmitz, Vorstandsmitglied

35 Jahre nach Rafaels Tod ist das Erinnern kein Rückblick – es ist eine Verpflichtung. Für Sichtbarkeit, für Würde, für queeres Leben in Sicherheit.


Denn: Remembering means fighting.